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"Lions-Mitglied bleibt man ein Leben lang" (19.04.2021)

"Lions-Mitglied bleibt man ein Leben lang" (19.04.2021)

BZ-Interview zu 50 Jahre Lions Club Borken

Zwei Generationen Lions: Präsident Stefan Pothmann und Gründungsmitglied Manfred Schmittker. Foto: Kauffelt

 

BORKEN. Der Lions Club Borken feiert heute sein 50-jähriges Bestehen. BZ-Redakteur Sven Kauffelt hat mit dem amtierenden Präsidenten Stefan Pothmann (47) und Manfred Schmittker (83), der schon bei der Gründung im Jahr 1971 dabei war, über das Vereinsleben, gesellschaftliches Engagement und über Vorurteile gesprochen.

 

Herr Schmittker, welche Gedanken schießen ihnen durch den Kopf beim Stichwort 50 Jahre Lions?

Schmittker: Es gibt mir ein angenehmes Gefühl. Wohlbehagen ist ein gutes Stichwort. Über all die Jahre sind viele Freundschaften entstanden. Wenn ich überlege, dass ich bei der Gründung der Jüngste war und gar nicht wusste, was auf mich zukommt, ist daraus etwas sehr Schönes gewachsen.

 

Ist Ruhestand eigentlich ein Thema für ein Lions-Mitglied?

Schmittker: Nein, das habe ich noch nicht gehört. Natürlich nehmen die Aktivitäten aus Altersgründen ab, aber Mitglied darf man ein Leben lang bleiben.

 

Herr Pothmann, was hat Sie zu den Lions verschlagen?

Pothmann: Ehrlich gesagt hatte ich mit Serviceclubs zuvor wenig Berührungspunkte. Ein guter Freund hat mir das dann schmackhaft gemacht, mich im Club vorgeschlagen und, ja, dann bin ich angenommen worden.

 

Lions-Mitglied wird man nur auf Empfehlung?

Pothmann: Ja, es müssen zwei Paten da sein, die ein neues Mitglied vorschlagen. Und mit diesen Vorschlägen befasst sich ein eigener Ausschuss.

Schmittker: Es gab in all den Jahren aber auch Fälle, wo Leute von sich aus auf uns zugekommen sind und ihr Interesse an einer Mitgliedschaft bekundet haben. Zwei davon sind noch heute Mitglieder.

Kommt es auch vor, dass Antragsteller abgelehnt werden?

Pothmann: Wenn ein bestehendes Mitglied mit demjenigen schon mal ein Zerwürfnis hatte, dann kann das vorkommen. Eine Neuaufnahme muss nicht einstimmig sein, aber es dürfen auch nicht zu viele Gegenstimmen sein.

Schmittker: Das war früher ein wenig dramatischer, da genügte eine Gegenstimme, um einen Kandidaten abzulehnen. Das führte manchmal zu peinlichen Momenten. Diese Einstimmigkeit ist später abgeschafft worden.

 

Was muss man mitbringen, um Mitglied zu werden?

Pothmann: Es wird erwartet, dass man sich aktiv einbringt. Unser Grundgedanke als Serviceclub ist, dass wir uns einbringen – sowohl für die Gemeinschaft im Club als auch für die Gesellschaft. Und das erfordert aktive Mitglieder, die mit anpacken.

Schmittker: Wenn man an einem Projekt unmittelbar beteiligt ist, kann das zeitlich schon aufwendig sein. Sei es jetzt der Adventskalender, der Weihnachtsmarkt oder das Moosdinner.

 

Den Serviceclubs haftet das Vorurteil an, ein elitärer Zirkel zu sein. Erleben Sie das so?

Pothmann: Das hören wir auch, das kann ich nicht abstreiten. Aber wir tun eigentlich relativ viel dafür, dieses Vorurteil zu widerlegen. Im Club sind alle möglichen Berufsgruppen vertreten, das ist kein Kreis von Firmenchefs. Und das zeichnet den Lions-Club für mich auch aus: Ein breites Netzwerk. Das ist auch nötig, um Gutes für die Sache zu tun. Unterm Strich sind wir ganz normale Borkener Bürger.

Schmittker: Das hörten wir immer schon, dass es etwa heißt: ,Ihr könnt Euch das ja auch leisten‘. Ich selbst bin ein Gegenbeispiel. Denn als ich Mitglied wurde, war ich gerade ein paar Jahre Lehrer am Remigianum. Und der Verdienst war damals nicht besonders üppig.

Pothmann: Eine gewisse Vernetzung ist nicht von Nachteil. Aber um etwas zu tun, dafür braucht man eigentlich kein Geld. Wir achten mehr darauf, ob sich jemand einbringen will, Spaß am Vereinsleben mitbringt. Dazu gehört auch, dass die Ehefrau oder der Partner sich das gut vorstellen kann, da sie sehr stark in viele Aktivitäten mit eingebunden sind. Ohne diese Unterstützung wäre eine aktive Mitgliedschaft kaum vorstellbar.

 

Und das funktioniert mit unterschiedlichen Generationen?

Schmittker: Sehr gut sogar! Das Miteinander zwischen Jung und Alt erlebe ich als etwas ganz, ganz Besonderes. Wir kümmern uns wirklich umeinander.

Pothmann: Der Club hat es in der Rückschau noch genau zum richtigen Zeitpunkt geschafft, sich um jüngere Neumitglieder zu bemühen. Von Erzählungen weiß ich, dass das schon ein sehr eingefleischter Freundeskreis war, auf den Neue da getroffen sind. Dann hat es der Club aber wirklich richtig gut verstanden, auch zwei oder drei neue Mitglieder auf einmal aufzunehmen, um neues Leben in den Verein zu bekommen. Als ich 2013 dazugekommen bin, wurde ich richtig warmherzig empfangen und hatte überhaupt nicht das Gefühl, dass es Clübchen innerhalb des Clubs gibt. Das hat der Borkener Lions Club auch besser hinbekommen als andere.

 

Der Lions Club ist – wie die Rotarier und die Soroptimisten, ein Serviceclub. Was heißt das eigentlich?

Schmittker: Service bedeutet zunächst, dass wir in unserem jeweiligen Umfeld die Augen offen haben und überlegen, wo wir helfen können. Oder wir reagieren auf Wünsche, die von außen an uns herangetragen werden. Der Kerngedanke besteht darin, Interesse an einem Projekt in der Bevölkerung zu wecken, um weitere Unterstützung zu generieren. Das hat sich über viele Jahre so entwickelt. Zu Beginn unseres Clublebens haben wir aus den Mitgliedsbeiträgen finanzielle Hilfe geleistet, wovon in Borken aber niemand etwas erfahren hat. Es war ja auch niemand außerhalb des Clubs eingebunden. Das hat sich sehr verändert und hat letztlich auch dazu geführt, dass der Lions Club heute anders wahrgenommen wird.

 

Gibt es ein Projekt, an das Sie besonders gern zurückdenken?

Schmittker: Wir haben einmal auf dem Weihnachtsmarkt und durch die Versteigerung eines Bildes für Kinder in Nordkorea für die Welthungerhilfe gesammelt. Da kamen damals, glaube ich, 60.000 Mark zusammen. Einige Monate später besuchte uns die damalige Vorsitzende der Welthungerhilfe, Irmgard Schäuble, die Frau des heutigen Bundestagspräsidenten. Sie berichtete uns, wie mit unserer Aktion auf abenteuerlichen Wegen Winterjacken an bedürftige Kinder verteilt werden konnten. Ich war damals Lionspräsident und sie hat einen Abend neben mir gesessen, da haben wir uns gut unterhalten. Das war ein besonderer Lohn für unseren Club, dass unsere gemeinsame Aktivität anerkannt wurde. Richtiggehend ein Wohlgefühl.

 

Worauf liegt der Schwerpunkt bei den Projekten, die Sie unterstützen?

Pothmann: Sicher im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Da sind wir mit Kindergarten plus, Klasse 2000 oder Lions Quest vor allem in der Prävention aktiv. Wir unterstützen die Ausbildung von Personen, die in Kindergärten und Schulen in der Gewalt- und Drogenprävention tätig sind. Dazu gibt es Projekte, über die wir Kinder und Jugendliche direkt unterstützen. Löwenkinder heißt die Initiative, über die sich Schulen an uns wenden können, wenn ein Kind aus finanziellen Gründen nicht an der Klassenfahrt teilnehmen kann oder keine vernünftigen Schuhe hat. Dafür haben wir einen Topf, in den der Großteil der Erlöse unseres Adventskalenders fließt. Damit helfen wir also Familien hier vor Ort. Dazu sind wir über Lions International auch an weltweiten Projekten beteiligt.

 

Groß gefeiert wird der runde Geburtstag jetzt nicht.

Pothmann: Nein, die Pläne sind jetzt natürlich leider ins Wasser gefallen. Dabei hatten wir einiges vor... Wir haben uns jetzt darauf verständigt, dass wir mal abwarten, wann wir das nachholen können. Vielleicht nächstes Jahr, vielleicht feiern wir auch erst den 55. Geburtstag wieder größer. Mal sehen. Eine Geburtstagsfeier wird es für die Mitglieder aber zumindest virtuell geben.